Als Freelancer im Ausland arbeiten - Gründe, Vorteile & Tipps

Als Freelancer im Ausland arbeiten – Gründe, Vorteile und Tipps

28. August 2024 / 18 Min /
Als Freelancer im Ausland arbeiten - deshalb wandern deutsche Freelancer aus

Wir haben gefragt, unsere Freelance-Community hat geantwortet: Jeder zweite deutsche Freelancer denkt darüber nach, auszuwandern – 24 % sind bereits abgewandert oder sitzen auf gepackten Koffern. In diesem Artikel verraten wir, was die typischen Beweggründe sind, weshalb Freelancer im Ausland arbeiten wollen und welche Vorteile dafür die besten Argumente sind. Außerdem liefern wir wertvolle Tipps, wie man freiberuflich im Ausland durchstarten kann und verraten, welche Hürden es zu überwinden gibt.

Das Wichtigste in Kürze

  • 54 % der befragten Freiberufler denken darüber nach, Deutschland den Rücken zu kehren. 10 % sind bereits ausgewandert, 14 % bereiten sich gerade auf eine Auswanderung aktiv vor. Lediglich 22 % würden den Schritt der Selbstständigkeit im Ausland nicht wagen.
  • Die meistgenannten Gründe für das Auswandern als Freelancer sind die Bürokratie, Scheinselbstständigkeit und die hohe Steuerlast in Deutschland. Problematisch ist für deutsche Freiberufler auch, dass die Politik in naher Zukunft keine Änderungen daran vorsieht.
  • In Sachen Steuern macht es einen großen Unterschied, in welchem Land man ansässig ist und aus welchem Land man seine Einkünfte bezieht. Zum Beispiel werden Freelancer mit Wohnsitz in Deutschland, aber Einkünften aus dem Ausland, voll versteuert.

Aus diesen Gründen wollen deutsche Freelancer auswandern

Grund #1: Scheinselbstständigkeit

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Bereits im Freelancer-Kompass 2024 wurde das Thema Scheinselbstständigkeit mitunter als größtes Hindernis an der Solo-Selbstständigkeit in Deutschland genannt. Ein ähnliches Ergebnis zeigt auch unsere letzte Befragung, bei der wir über 500 Freelancer gefragt haben, ob sie bereit wären ins Ausland abzuwandern und was die Gründe dafür sind.

Für 42 % ist klar: Wenn sie auswandern, sinkt das Risiko der Scheinselbstständigkeit. In Deutschland fürchten noch zu viele Unternehmen, deshalb rückwirkend zu hohen Nachzahlungen verpflichtet zu werden. Daher verzichten sie lieber auf eine Zusammenarbeit mit Freelancern, als von den Vorteilen zu profitieren.

Default Quote
Besonders die geringe Rechtssicherheit mindert die Bereitschaft vieler Unternehmen, trotz ihres akuten Bedarfs mit Freelancern zusammenzuarbeiten.

Thomas Maas
CEO von freelancermap

Stattdessen suchen deutsche Unternehmen lieber geeignete Experten im Ausland. Die Lösung für mehr als die Hälfte der Befragten ist daher auszuwandern, um die eigene Auftragslage aufrechtzuerhalten.

tipp

Über die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung können Auftraggeber und Freelancer bereits vor dem Projektstart prüfen lassen, ob das Risiko auf Scheinselbstständigkeit besteht.

Grund #2: Bürokratie

Rund 49 % aller befragten Freiberufler wollen im Ausland arbeiten, weil sie dadurch geringeren bürokratischen Hürden ausgesetzt sind als es der deutsche Projektmarkt aktuell hergibt. Neben der Scheinselbstständigkeit stehen freie Mitarbeiter vor weiteren Herausforderungen:

  • Die Wahl der richtigen Rechtsform, im besten Fall ohne Handelsregistereintrag und die damit einhergehende Gewerbeanmeldung sowie doppelte Buchführung.
  • Im Vergleich zu einigen anderen Ländern hinkt die deutsche Bürokratie hinterher, zum Beispiel müssen viele Behördengänge noch persönlich erfolgen, was die Flexibilität erheblich einschränkt.
  • Auch der Start in die Selbstständigkeit kann anspruchsvoll sein, etwa durch Anträge für Gründerzuschüsse oder Bankkredite, wofür in vielen Fällen ein Businessplan entworfen werden muss.
  • Freiberufler sind auf die Art ihrer Tätigkeit beschränkt, da sie sonst unter Umständen vor dem Einkommensteuergesetz als Gewerbetreibende zählen und entsprechend versteuert werden.
  • Aufgrund der bürokratischen Hürden und komplexen Regelungen sind viele Selbstständige auf einen Steuerberater angewiesen, können sich aber gerade zu Beginn des Freelancer-Daseins das Honorar kaum leisten.

Die deutsche Bürokratie-Bremse bestätigt auch eine Teilnehmerin unserer Umfrage – Olivia Olivares, freiberufliche Expertin für digitales Marketing: „Es wird immer schwieriger, selbstständig zu sein. Man verliert schon den Überblick über die ganzen Regelungen und Gesetze.“

Grund #3: Hohe steuerliche Belastung und Sozialabgaben

Hochqualifizierte Fachkräfte sehen aber besonders die steuerliche Belastung und die hohen Sozialabgaben als Grund an, um auszuwandern (52 %). Schuld daran sind insbesondere folgende steuerliche Aspekte:

Hohe Einkommensteuer

In Deutschland unterliegen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit der Einkommensteuer. Die Steuersätze sind progressiv und können bis zu 45 % erreichen. Für Spitzenverdiener kann dies eine erhebliche Steuerlast bedeuten, insbesondere im Vergleich zu Ländern mit niedrigeren Steuersätzen, wie zum Beispiel Bulgarien (max. 10 %) oder Georgien (max. 20 %).

Gewerbesteuer

Selbstständige, die nicht zu den Freiberuflern nach § 18 EStG gehören – sowie Freischaffende, die zusätzlich als Gewerbetreibende erfasst werden – müssen neben der Einkommensteuer auch die Gewerbesteuer entrichten. Je nach Wohnort bzw. Gemeinde entstehen so rund 14 % Abgaben, die in anderen Ländern nicht anfallen. Dazu gehören z. B. die Tschechische Republik, Estland oder Litauen.

Sozialabgaben

In Deutschland müssen Selbstständige ihre Sozialversicherungsbeiträge selbst tragen, einschließlich Pflege- und Krankenversicherung sowie Altersvorsorge. Bei einem Höchstbeitrag von über 900 Euro pro Monat fällt die finanzielle Belastung deutlich höher aus als in einem Angestelltenverhältnis – oder im Ausland. Etwa in der USA herrscht keine Krankenversicherungspflicht, auch in Malta oder Bulgarien kann man hier als Freelancer einiges sparen.

Das Thema „Auswandern“ wird für deutsche freie Experten also zunehmend attraktiver. Aber welche Vorteile hat es, als Freelancer im Ausland zu arbeiten?

Diese Vorteile bietet die freiberufliche Arbeit im Ausland

Neben den steuerlichen Vergünstigungen und den reduzierten bürokratischen Hürden, die die Arbeit als Freelancer im Ausland mit sich bringt, kommen weitere Vorteile hinzu. Der wohl größte Pluspunkt daran ist die Freiheit, sich seinen Arbeitsort selbst auszusuchen.

Freie Wahl des Arbeitsorts

Solange eine stabile Internetverbindung vorhanden ist, stehen Freelancern weltweit nahezu unbegrenzte Möglichkeiten offen. Diese Flexibilität ermöglicht es, an verschiedenen internationalen Standorten zu arbeiten – ob aus einem Co-Working-Space in einer pulsierenden Metropole wie Tokio, einem gemütlichen Café in Lissabon oder einer modernen Wohnung im Herzen von Barcelona. Auf diese Weise lässt sich der Wunsch, die Welt zu sehen, mit der beruflichen Sicherheit vereinen.

Persönliche und berufliche Weiterentwicklung

Bei einigen Freelancern sorgt ein Tapetenwechsel für eine gesteigerte Produktivität und Kreativität, andere nutzen die Arbeit im Ausland, um sich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln. Zum Beispiel kann man durch die Teilnahme an Networking-Events in anderen Ländern neue Kontakte knüpfen, während man neue Fremdsprachen und Kulturen kennenlernt.

Niedrigere Lebenshaltungskosten

Auch aus finanzieller Sicht kann der Umzug ins Ausland von Vorteil sein. In Regionen mit geringeren Lebenshaltungskosten, beispielsweise in Südostasien oder Teilen Südamerikas, kann man die monatlichen Ausgaben für Miete und Lebensmittel deutlich senken. Das ist besonders attraktiv im Vergleich zu den hohen Kosten in deutschen Großstädten wie München, Berlin oder Hamburg. Ein Umzug in eine Region mit günstigeren Lebenshaltungskosten kann somit nicht nur das Budget entlasten, sondern auch die finanzielle Flexibilität erhöhen.

Zum Beispiel hat das Statistische Bundesamt festgestellt, dass die Lebenshaltungskosten in Ländern wie Indien oder Ägypten um 67 % niedriger sind als in Deutschland. Georgien, Vietnam und Tunesien sind um 60 % schonender für den Geldbeutel, während das Leben selbst in Bosnien, Serbien oder Marokko noch mindestens um 30 % preiswerter ist als hierzulande. Wer also im Ausland lebt, bei einem vergleichbaren Einkommen (etwa durch Projekte in Europa), kann seine Gewinnmarge ordentlich steigern.

LandPreisindex
China76 %
Serbien61 %
Bosnien-Herzegowina59 %
Albanien59 %
Brasilien57 %
Marokko56 %
Senegal53 %
Philippinen52 %
Thailand49 %
Georgien40 %
Ägypten33 %
Indien33 %
Preisindex der Lebenshaltungskosten im Vergleich zu Deutschland (Deutschland = 100 %)

Wer als Freelancer im Ausland arbeiten will, muss mit einigen Hürden rechnen

Je nachdem, ob man vorhat, innerhalb oder außerhalb der EU tätig zu sein, sollte man unterschiedliche Aspekte berücksichtigen und Herausforderungen meistern. Das gilt auch für den Fall, dass man noch in Deutschland ansässig ist, aber für internationale Kunden tätig wird. Nachfolgend betrachten wir die einzelnen Herausforderungen im Detail und zeigen passende Lösungen auf.

Sprachbarrieren

In einem Land zu arbeiten, dessen Sprache nicht beherrscht wird, kann den Arbeitsalltag erschweren, insbesondere in Bezug auf die Kommunikation mit Kunden und Behörden. Daher sollte man sich so früh wie möglich um ein Sprachtraining bemühen oder sich eine Sprachlern-App zulegen.

tipp

Wer zunächst nur Englisch als Zweitsprache spricht, kann sich problemlos in Sierra Leone, Südafrika, Neuseeland, Irland, Groß Britannien, Kanada, Australien, Jamaika, Costa Rica oder auf den Bahamas verständigen.

Visum beantragen

Freelancer, die innerhalb der EU arbeiten möchten, benötigen lediglich einen Reisepass. Außerhalb der EU sieht das Ganze anders aus – hier wird ein sogenanntes Visum benötigt. Dabei handelt es sich um eine Aufenthalts- bzw. Arbeitserlaubnis. Nimmt man ohne ein Visum die Arbeit in einem Nicht-EU-Staat auf, kann man abgeschoben werden und sich eine Geldstrafe einhandeln. Daher sollte man sich zuvor gut informieren und das Visum rechtzeitig beantragen.

Sozialversicherung

Innerhalb der EU gilt das Prinzip, dass eine Person nur in einem Land sozialversichert sein kann. Auch, wenn sie in mehreren Ländern tätig ist. In der Regel ist dies das Land, in dem die berufliche Tätigkeit überwiegend ausgeübt wird. Hat ein Freelancer zum Beispiel überwiegend in Deutschland ansässige Kunden, gilt die deutsche Sozialversicherungspflicht.

Annerkennung beruflicher Qualifikation

Bei reglementierten Berufen wie Medizin, Architektur, Ingenieurwesen und Recht bzw. Jura kann es vorkommen, dass die Tätigkeit im Zielland zunächst anerkannt werden muss. Um diesen Prozess zu vereinfachen, kann man bei der Arbeit innerhalb der EU das sogenannte „Europäische Berufszertifikat“ beantragen.

Besteuerung innerhalb der EU

Man wird in dem Land steuerpflichtig, in dem man sich länger als 183 Tage im Kalenderjahr aufhält (innerhalb der EU). Das bedeutet, dass man in diesem Land eine Steuererklärung abgeben und möglicherweise Einkommenssteuern zahlen muss. Damit keine Doppelbesteuerung entsteht, muss man einen Antrag auf Entlastung stellen. Das gelingt mit einem Nachweis der Steuerpflicht in dem Land, in dem man beruflich tätig ist. Etwa mit einer Bescheinigung über die entsprechende Ansässigkeit.

tipp

Verschiedene Arten von Einküften, wie z. B. die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Freiberufler, Mieteinkünfte oder Kapitaleinkünfte, werden je nach Doppelbesteuerungsabkommen in anderen Ländern unterschiedlich behandelt. Man sollte unbedingt den Rat eines Steuerberaters einholen und sich über geltende Vorschriften des Gastlandes beraten lassen.

Umsatzsteuer-ID

Freelancer, die im Ausland tätig werden, benötigen eine sogenannte Umsatzsteuer-ID (§ 27 UStG). Diese können freie Mitarbeiter beim Bundeszentralamt für Steuern beantragen. Eine solche USt-ID benötigt jeder (auch befreite Kleinunternehmer), der innerhalb der EU Waren oder Dienstleistungen anbietet bzw. verkauft.

Projektakquise

Nach dem Umzug in ein fremdes Land stehen Freelancer oft vor der Herausforderung, dass sie sich ohne etablierte lokale Präsenz und ein bestehendes Netzwerk einen neuen Kundenstamm erarbeiten müssen. Freelancer sollten sich unbedingt auf Projektplattformen anmelden, die eine große Nutzerbasis und internationale Reichweite bieten – zum Beispiel freelancermap.

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Egal ob man innerhalb oder außerhalb der EU freelancen will – es gibt eine ganze Menge Herausforderungen, die man meistern muss. Etwa eine neue Fremdsprache oder Kulturen kennenlernen, sich mit Steuern und Sozialabgaben beschäftigen oder den Kundenstamm auf ausländische Kunden ausweiten. Davor sollten angehende digitale Nomaden allerdings nicht zurückschrecken. Damit der Umzug gelingt und das nächste Projekt mit einem Cocktail am Strand auf Bali zum Erfolg wird, haben wir nachfolgend noch ein paar Tipps zusammengestellt:

5 Tipps, wie das Arbeiten als Freelancer im Ausland gelingt

Tipp #1: Informationen über das Zielland einholen

Bevor die Auswanderung in ein neues Land erfolgt, ist es entscheidend, umfassende Informationen über das Zielland zu sammeln. Dazu gehören:

  • Rechtliche Anforderungen: Welche Visa oder Arbeitsgenehmigungen sind erforderlich? Sind spezielle Qualifikationen notwendig, um in Ihrem Beruf arbeiten zu können?
  • Steuersystem: Wie funktioniert das Steuersystem im Zielland? Gibt es Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland, und wie werden Einkünfte besteuert?
  • Lebenshaltungskosten: Was sind die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten, einschließlich Miete, Lebensmittel und Krankenversicherung? Ist das Leben im Zielland günstiger oder teurer als in Deutschland?
  • Kulturelle Unterschiede: Welche kulturellen Besonderheiten und Gepflogenheiten gibt es? Ist es notwendig, die Sprache des Ziellandes zu lernen?

Tipp #2: Steuerpflichten berücksichtigen

Gerade die hohen steuerlichen Abgaben in Deutschland machen es vielen Freiberuflern hierzulande schwer. Damit Freelancer von dieser Last auch dann nicht betroffen sind, wenn sie im Ausland tätig werden, sollten sie einiges beachten:

Fall 1: Wohnsitz in Deutschland mit Einkommen aus dem Ausland (Unbeschränkte Steuerpflicht)

Freiberufler, die ihren festen Wohnsitz in Deutschland haben, aber Dienstleistungen für Kunden aus dem Ausland virtuell oder gar persönlich erbringen, sind in Deutschland grundsätzlich unbeschränkt steuerpflichtig. Das bedeutet, dass das weltweite Einkommen hier versteuert werden muss.

Damit das Einkommen nicht in Deutschland und in dem Land versteuert werden muss, in dem der Kunde ansässig ist, sollten Freelancer darauf achten, dass zwischen den beiden Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht. Ein solches Abkommen besteht zum Beispiel für folgende Länder:

  • Ägypten
  • Australien
  • Bermuda
  • Bulgarien
  • Brasilien
  • China
  • Costa Rica
  • Dänemark
  • Finnland
  • Frankreich
  • Honkong
  • Indien
  • Italien
  • Japan
  • Kroatien
  • u. v. m.

Lese-Tipp: Wer in Deutschland wohnt und Kunden innerhalb der EU – aber außerhalb Deutschlands – betreut, muss das sogenannte Reverse-Charge-Verfahren anwenden. Was das bedeutet und wie Freelancer eine entsprechende Rechnung ausstellen, verraten wir in unserem Beitrag.

Reverse Charge Verfahren

Fall 2: Wohnsitz im Ausland mit Einkommen aus Deutschland (Beschränkte Steuerpflicht)

Wenn ein Freiberufler seinen Wohnsitz im Ausland hat, aber Kunden in Deutschland betreut, kann er in Deutschland beschränkt steuerpflichtig sein, insbesondere wenn er dort Einkünfte erzielt. Das bedeutet, dass nur das Einkommen, das in Deutschland erwirtschaftet wird, in Deutschland versteuert werden muss. Auch hier greifen häufig Doppelbesteuerungsabkommen, die festlegen, welches Land das Besteuerungsrecht hat.

Beispiel: Ein freiberuflicher Berater lebt in Spanien und erbringt Beratungsleistungen für ein deutsches Unternehmen. Das Einkommen aus diesen Beratungsleistungen kann in Deutschland steuerpflichtig sein. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Spanien regelt jedoch, welches Land das Besteuerungsrecht hat und wie eine Doppelbesteuerung vermieden werden kann.

Fall 3: Wohnsitz und Einkommen aus dem Ausland (Keine Steuerpflicht)

Hat ein Freiberufler seinen Wohnsitz im Ausland und erzielt auch sein gesamtes Einkommen nicht in Deutschland, unterliegt er in der Regel den Steuerpflichten des Landes, in dem er seinen Wohnsitz hat. Der große Vorteil hieran ist, dass Deutschland in diesem Fall kein Besteuerungsrecht hat und die Steuerlast woanders niedriger ist.

Zum Beispiel bietet Zypern einen pauschalen Körperschaftsteuersatz von 12,5 % – in Deutschland sind es 15 %. Außerdem werden in Zypern keine Steuern auf Dividenden aus dem Ausland erhoben, während in Deutschland passives Einkommen mit 25 % zuzüglich Soli-Zuschlag und ggf. Kirchensteuer belastet wird. Das dürfte vor allem die Freiberufler freuen, die eine GmbH gegründet haben – oder das im Ausland noch vorhaben.

Bulgarien bietet dagegen einen einheitlichen Steuersatz von 10 % für alle Einkommensarten – auch für das Einkommen aus selbstständiger Arbeit. In Deutschland hingegen startet die Besteuerung mit 14 %, der Spitzensteuersatz liegt bei 45 %. Damit ist Bulgarien eines der steuerlich attraktivsten Länder in Europa.

Tipp #3: Für nötige Reserven sorgen

Die finanzielle Planung ist ein kritischer Aspekt beim Auswandern. Es sollte sichergestellt werden, dass ausreichende finanzielle Reserven vorhanden sind, um die ersten Monate im neuen Land zu überbrücken, insbesondere wenn der Aufbau eines neuen Kundenstamms Zeit benötigt. Folgende Punkte sind wichtig:

  • Lebenshaltungskosten abdecken: Die Reserven sollten mindestens sechs Monate Lebenshaltungskosten decken, um unerwartete Ausgaben und finanzielle Engpässe zu vermeiden.
  • Rücklagen für Steuern: Da die Steuersysteme unterschiedlich sind, sollte auch für mögliche Steuernachzahlungen in Deutschland und dem Zielland vorgesorgt werden.
  • Notfallfonds: Ein Notfallfonds für unvorhergesehene Ausgaben, wie medizinische Notfälle oder notwendige Rückreisen nach Deutschland, ist ebenfalls ratsam.

Tipp #4: Professionelle Beratung in Anspruch nehmen

Wenn man sich unsicher darüber ist, welche Schritte man für welches Zielland, in das man auswandern will, unternehmen muss, sollte sich professionell beraten lassen. Hierbei gibt es mehrere Ansprechpartner, die man aus verschiedenen Gründen konsultieren kann:

1. Steuerliche Beratung

Ein international erfahrener Steuerberater ist unerlässlich, um die steuerlichen Folgen einer Auswanderung vollständig zu verstehen und zu optimieren. Hier sind einige Aspekte, die durch eine steuerliche Beratung abgedeckt werden sollten:

  • Doppelbesteuerung vermeiden: Ein Steuerberater kann dabei helfen, die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und dem Zielland optimal zu nutzen, um zu verhindern, dass dieselben Einkünfte in beiden Ländern besteuert werden. Das umfasst die Identifikation des steuerlichen Wohnsitzes und die Anwendung von Methoden zur Vermeidung oder Anrechnung ausländischer Steuern.
  • Steuerplanung: Der Berater kann eine langfristige Steuerstrategie entwickeln, die die spezifischen Steuervorteile des neuen Landes berücksichtigt, z. B. durch das Ausnutzen von Freibeträgen, Sonderregelungen für Expatriates oder durch die Wahl der richtigen Unternehmensform (z. B. Einzelunternehmen vs. Kapitalgesellschaft).
  • Einhaltung der Fristen: Steuerliche Fristen können sich von Land zu Land unterscheiden. Ein professioneller Berater stellt sicher, dass alle relevanten Steuererklärungen rechtzeitig eingereicht werden, um Strafen und Nachzahlungen zu vermeiden.

2. Rechtliche Beratung

Rechtsberatung ist ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Auswanderungsprozesses. Das kann zum Beispiel das Visum, arbeitsrechtliche Aspekte oder die Firmengründung umfassen:

  • Visum und Aufenthaltsgenehmigung: Ein Rechtsanwalt, der auf Einwanderungsrecht spezialisiert ist, kann helfen, die notwendigen Visa oder Aufenthaltsgenehmigungen zu beantragen. Das ist besonders wichtig, wenn man in ein Land außerhalb der EU zieht, in dem die Visabestimmungen strenger sind als innerhalb der EU.
  • Arbeitsrechtliche Aspekte: Im Zielland können andere arbeitsrechtliche Vorschriften gelten, die zu beachten sind, insbesondere wenn man dort Mitarbeiter beschäftigen möchte. Ein Anwalt kann beraten, welche Verträge erforderlich sind und wie diese rechtlich sicher gestaltet werden können.
  • Gründung einer Firma im Ausland: Für Freiberufler, die in ihrem Zielland eine Firma gründen wollen, kann rechtliche Beratung zur Wahl der geeigneten Rechtsform und zur Einhaltung aller gesetzlichen Anforderungen beitragen. Das umfasst auch die Registrierung des Unternehmens und die Erfüllung lokaler Compliance-Anforderungen.

3. Versicherungsberatung

Ein Versicherungsberater kann dabei helfen, die notwendigen Versicherungen für das Leben und Arbeiten im Ausland zu identifizieren:

  • Krankenversicherung: Die bestehende Krankenversicherung aus Deutschland deckt möglicherweise nicht alle Eventualitäten im Ausland ab. Ein Berater kann internationale Krankenversicherungen empfehlen, die umfassenden Schutz bieten.
  • Haftpflicht- und Berufshaftpflichtversicherung: Diese Versicherungen sind besonders wichtig für Freiberufler, um sich gegen potenzielle Schadensersatzansprüche abzusichern.
  • Rentenversicherung: Ein Berater kann erklären, wie sich ein Umzug auf die Rentenansprüche auswirkt und ob es notwendig ist, in zusätzliche Rentenversicherungen im neuen Land zu investieren.

Tipp #5: Ab- und Anmelden nicht vergessen

Es ist wichtig, die bürokratischen Schritte sowohl in Deutschland als auch im Zielland korrekt durchzuführen:

  • Abmeldung in Deutschland: Vor der Auswanderung muss die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt erfolgen. Das ist auch notwendig, um steuerliche Verpflichtungen in Deutschland zu beenden. Zusätzlich sollten Abonnements, Versicherungen und Mitgliedschaften, die in Deutschland bestehen, gekündigt oder angepasst werden.
  • Anmeldung im Zielland: Sobald Freelancer im Zielland angekommen sind, muss man sich dort bei den zuständigen Behörden anmelden. Dies kann das Finanzamt, das Einwohnermeldeamt oder andere lokale Behörden betreffen, je nach den gesetzlichen Anforderungen des Landes.

Fazit: Als Freelancer im Ausland zu arbeiten, kann sich lohnen

Viele deutsche Freelancer sitzen bereits auf gepackten Koffern oder sind zumindest nicht von der Idee abgeneigt, auszuwandern. Gründe dafür sind eine zu komplexe Bürokratie, das Berufsrisiko Scheinselbstständigkeit, zu hohe steuerliche Abgaben sowie Sozialversicherungsbeiträge. Andere erwarten im Ausland einen besseren Lebensstil – mit dem Laptop am Strand sitzen, bei noch nicht einmal der Hälfte an Lebenshaltungskosten.

Damit das Auswandern als Freelancer auch funktioniert, ist allerdings einiges an Vorbereitung nötig. Dazu gehört beispielsweise, dass man gründlich über das Zielland recherchieren, finanzielle Reserven bilden und alle nötigen Formalitäten korrekt abwickeln sollte. Sind diese Hürden erst gemeistert, steht dem Traum von der Arbeit im Ausland nichts mehr im Weg.

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