Ein ausgezeichnetes Know-how rechtfertigt hohe Stundensätze, aber auch eine gute Argumentation kann ausschlaggebend sein. Einige Freelancer verkaufen sich unter Wert – insbesondere zu Beginn der Karriere – ohne dabei zu beachten, welche Kosten gedeckt werden müssen. Wir zeigen, welche Faktoren eine gute Kalkulation beinhalten muss.
Inhalt des Artikels:
- Stundensatz in D-A-CH
- Auflistung Arbeitstage
- Abzug Weiterbildung
- Abzug Projektakquise
- Berechnung Netto-Stundensatz
- Stundensätze aus der Praxis
- Sozialversicherung
- Weitere Einflussfaktoren
- Kostenlose Vorlage zum Download
- Fazit
Durchschnittlicher Stundensatz in D-A-CH
Land | Ø-Stundensatz |
Deutschland | 93 € |
Österreich | 99 € |
Schweiz | 127 € |
D-A-CH | 94 € |
Der durchschnittliche Netto-Stundensatz eines Freelancers beträgt 94,31 Euro (Quelle: Freelancer Kompass 2021). Der freie Experte aus dem D-A-CH-Raum verdient somit im Schnitt rund 5.899 Euro pro Monat (Netto).

Wie berechnet man den Stundensatz?
Um die Projekte besser differenzieren und eine gute Verhandlungsposition einnehmen zu können, sollten Freelancer strukturiert vorgehen. Dabei muss sich jeder Freiberufler oder Freelancer Gedanken machen, welche Faktoren den Stundensatz beeinflussen.
Die Berechnung sollte alle monatlichen Kosten, mit Trennung von privaten (z.B. Kleidung, Lebensmittel) und beruflichen (z.B. Büroräume, Arbeitsmaterialien) Ausgaben, beinhalten.
Im folgenden Rechenbeispiel können Sie Ihre individuellen Werte einsetzen. Als Grundlage der Berechnung wurden die jeweiligen Mittelwerte von Studienergebnissen herangezogen.
1. Auflistung der Arbeitstage
Zunächst müssen die jährlichen Arbeitstage aufgelistet werden. Auch wenn Freiberufler und Selbstständige anfangs oft das Wochenende durcharbeiten, sollte das nicht zur Normalität werden – sonst droht Frust. Um die Arbeitstage und folglich den Stundensatz zu berechnen, müssen pauschale Krankheitstage, Tage für Weiterbildung und auch Urlaub eingeplant werden. Da die Anzahl dieser Tage schwanken kann, gilt hier: Besser zu viele Ausfälle einbeziehen, als zu wenige, um finanziell auf der sicheren Seite zu sein.
pro Jahr | Ø Anzahl Tage |
Kalendertage | 365 |
Wochenenden | –104 |
Feiertage | –13 |
Urlaubstage | –25 |
Krankheitstage* | –12 |
Arbeitstage | 211 |
Tipp:
Um einen Überblick über das Jahr und die produktiven Tage zu bekommen, empfiehlt es sich, einen Plan aufzustellen. Hierzu notieren Sie alle Tage des Jahres und ziehen die ab, die Sie vermutlich nicht mit ihrer freiberuflichen Tätigkeit verbringen werden: Feiertage, Wochenenden, Tage für Weiterbildung etc. Auch Büroarbeiten, wie das Erledigen der Steuererklärung und Buchhaltung, dürfen Freelancer nicht vernachlässigen: Einnahmen und Ausgaben sollten Sie stets im Blick haben.
2. Zeit für Weiterbildung
Freelancer benötigen durchschnittlich zwei Tage pro Monat, um sich weiterzubilden. Hochgerechnet auf ein Jahr, verbringt ein Freiberufler im Schnitt 24 Tage mit der Fortbildung. Die Zeit hierfür kann je nach Branche stark schwanken. Während Ingenieure und Berater im Schnitt 1-2 Tage pro Monat aufwenden, zeichnet sich in schnelllebigen Bereichen wie der Medien oder IT-Branche eine Fortbildungszeit von 2-3 Tagen pro Monat ab.
Weiterbildung | SAP | Beratung und Management | IT-Infrastruktur | Entwicklung | Ingenieurwesen | Grafik, Content, Medien |
Tage pro Monat | 1,6 | 1,9 | 2,4 | 2,2 | 1,2 | 2,4 |
≈ Tage pro Jahr | 19 | 23 | 29 | 26 | 14 | 29 |
3. Zeit für Projektakquise
Die Projektakquise ist laut Marktstudie die größte Herausforderung für Freelancer. Hierfür investieren freie Experten im Schnitt zwei Tage pro Monat. Um Anfängern die Kalkulation etwas zu erleichtern, stellen wir im Folgenden eine Beispielrechnung auf. Da hier mit Studienergebnissen und Pauschalen gerechnet wird, sind die Auswertungen nur als Richtwerte zu betrachten – Stundensätze müssen individuell erstellt und an Lebenssituationen und Einflussfaktoren angepasst werden.
Projektakquise | alle Fachgebiete |
≈ Tage pro Jahr | 24 |
Unter Betrachtung der Zahlen für Aus- und Weiterbildung in den verschiedenen Branchen und der Zeit für Projektakquise, können die Arbeitstage pro Monat errechnet werden:
SAP | Beratung und Management | IT-Infrastruktur | Entwicklung | Ingenieurwesen | Grafik, Content, Medien | |
Arbeitstage pro Jahr (inkl. Weiterbildung) | 211 | 211 | 211 | 211 | 211 | 211 |
≈ Tage für Weiterbildung | –19 | –23 | –29 | –26 | –14 | –29 |
Tage für Projektakquise | –24 | –24 | –24 | –24 | –24 | –24 |
≈ Arbeitstage pro Jahr | 168 | 164 | 158 | 161 | 173 | 158 |
≈ Arbeitstage pro Monat | 14 | 14 | 13 | 13 | 14 | 13 |
Tipp:
Es ist ratsam, mit persönlichen Werten zu rechnen. Stellen Sie sich Fragen wie: Wie schnell lerne ich? Wie rasch verändert sich meine Branche? Dann finden Sie mit Sicherheit die richtige Anzahl an Tagen. Generell sollten Sie lieber zu viel als zu wenig Zeit einrechnen.
Sie wollen weniger Zeit mit Projektakquise verbringen?
4. Netto-Stundensatz berechnen
Um den Stundensatz kalkulieren zu können, muss das durchschnittliche Netto-Monatseinkommen (Umsatzsteuer ausgeschlossen) des jeweiligen Fachgebiets abgeschätzt werden. Die Schätzung in dieser Kalkulation beruht auf Durchschnittswerten. Bei einer Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag ergeben sich folgende Werte:
SAP | Beratung und Management | IT-Infrastruktur | Entwicklung | Ingenieurwesen | Grafik, Content, Medien | |
≈ Netto-Monatsverdienst | 9.859 € | 7.701 € | 7.143 € | 6.085 € | 5.907 € | 2.900 € |
Arbeitstage pro Monat | : 14 | : 14 | : 13 | : 13 | : 14 | : 13 |
≈ Tagessatz | 705 € | 563 € | 542 € | 455 € | 411 € | 220 € |
≈ Stundensatz bei 8 Stunden pro Tag | 88 € | 70 € | 68 € | 57 € | 51 € | 28 € |
Um keine finanziellen Engpässe in Kauf nehmen zu müssen, ist es ratsam, eine Auslastungsquote in die Berechnung einzubeziehen. Die Ergebnisse des Freelancer-Kompass zeigen, dass freiberuflich Tätige ca. 30 % der verfügbaren Zeit nicht mit Projekten beschäftigt sind. Diese Prozentzahl muss pauschal dazugerechnet werden, um einen finanziellen Ausgleich zu schaffen.
SAP | Beratung und Management | IT-Infrastruktur | Entwicklung | Ingenieurwesen | Grafik, Content, Medien | |
≈ Stundensatz bei 8 Stunden pro Tag | 88 € | 70 € | 68 € | 57 € | 51 € | 28 € |
Ausgleich Auslastungsdefizit | *1,3 | *1,3 | *1,3 | *1,3 | *1,3 | *1,3 |
Netto-Stundensatz | 115 € | 91 € | 88 € | 74 € | 67 € | 36 € |
Stundensätze aus der Praxis: freelancermap Preisindex
Zum Vergleich: Durchschnitts-Stundensätze der unterschiedlichen Fachgebiete aus dem Freelancer-Verzeichnis des Projektportals freelancermap (Stand September 2021).
SAP | Beratung und Management | IT-Infrastruktur | Entwicklung | Ingenieurwesen | Grafik, Content, Medien | |
freelancermap-Index | 95 € | 85 € | 80 € | 76 € | 75 € | 60 € |
An diesen Stundensätzen nach Fachgebiet können Sie sich ebenfalls grob orientieren. Doch vergessen Sie nicht, dass Sie zusätzlich Steuern abführen und Versicherungen bezahlen müssen.
Sie sind nicht komplett ausgelastet?
Sozialversicherung
Freelancer, die neu im Geschäft sind, stecken oft noch im Angestellten-Denken fest. Was im festen Arbeitsverhältnis der Arbeitgeber anteilig übernommen hat, muss der freie Mitarbeiter nun selbst tragen. Die Sozialversicherung besteht aus 5 Säulen:
- Krankenversicherung (Pflicht)
- Pflegeversicherung (Pflicht)
- Rentenversicherung
- Arbeitslosenversicherung
- Unfallversicherung
Pflichtversicherungen
Lediglich Kranken- & Pflegeversicherung sind für Selbstständige in Deutschland bisher verpflichtend. In alle anderen Versicherungen können Sie freiwillig einzahlen. Freelancer haben zwei Möglichkeiten: sie können sich entweder freiwillig gesetzlich versichern lassen oder nehmen die private Krankenversicherung in Anspruch. Die Beitragshöhe in der gesetzlichen Versicherung richtet sich bei Selbstständigen nach dem Verdienst und weiteren Einkünften. Welches Modell für Sie passt, können Sie unter anderem mit Hilfe von Online-Tools herausfinden.
Die gesetzliche Krankenversicherung
Entscheiden Sie sich für die gesetzliche Krankenversicherung werden 14 % des Einkommens fällig, mit Anspruch auf Krankengeld sind es 14,6 %, plus 3,05 % (3,30 % für Kinderlose) für die Pflegeversicherung. Der maximale Versicherungsbeitrag beläuft sich auf ca. 700 Euro pro Monat.
Selbstständige, die ein geringes Einkommen haben, zahlen dementsprechend weniger ein: Der minimal mögliche Betrag beläuft sich hier, je nach Krankengeldanspruch, auf rund 154 bis 160 Euro pro Monat, für die gesetzliche KV. Der Zusatzbeitrag, der je nach Krankenkasse variieren kann und darüber hinaus gezahlt werden muss, liegt zwischen 0,3 und 1,8%. Da die Berechnung auch hier sehr individuell ist, können Sie zur ersten Kalkulation einen Beitragsrechner verwenden.
Weitere Tipps finden Sie in unserem Q&A zum Thema Krankenversicherung für Freelancer.
Tipp:
Wenn Sie Mitglied der Künstlersozialkasse (KSK) sind, trägt diese 50 % der freiwillig gesetzlichen Krankenversicherung und den halben durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz (für 2021: 1,2 %). Als Künstler oder Publizist sind Sie ebenfalls über die KSK rentenversichert (Pflicht).
Freiwillige Versicherungen
Die Liste der möglichen Versicherungen, die Sie zusätzlich abschließen können, ist lang. Für Freelancer, die sich ihrer Selbstständigkeit anfangs noch nicht zu 100 % sicher sind, kann eine Arbeitslosenversicherung Sinn machen. Für Selbstständige, wie IT-Freelancer, die einer fehleranfälligen Tätigkeit nachgehen, kann sich eine Berufshaftpflicht anbieten.
Auch eine Unfall- oder Lebensversicherung kann in einigen Fällen sinnvoll sein. Denken Sie auch an die Altersvorsorge – die gesetzliche Rentenversicherung schlägt allerdings mit einem Prozentsatz von 18,6 % kräftig zu Buche. Daher greifen Freelancer häufig zur privaten KV, Wertpapieren oder sorgen anderweitig vor.
Versicherungsbeiträge für Selbstständige
Abgabe (gesetzlich) | Prozentsatz |
KV inkl. Krankengeld | 14,6 % |
KV ermäßigt | 14 % |
Zusatzbeitrag der KV | 0,3 bis 1,8 % |
Pflegeversicherung | 3,05 % |
Pflegeversicherung für Kinderlose | 3,3 % |
Arbeitslosenversicherung | 2,4 % |
Rentenversicherung | 18,6 % |
Unfallversicherung | frei wählbar |
Einflussfaktoren auf den Stundensatz
Sollten Sie sich über übliche Honorare informieren und bei der Konkurrenz schauen, beachten Sie bitte, dass sich weitere Faktoren, wie Alter, Arbeitsort, Bildungsabschluss oder auch Berufserfahrung auf den Stundensatz auswirken. Wenn Sie sich weiterhin unsicher sind, fragen Sie bei Berufsverbänden der betreffenden Branche nach regulären Stundensätzen Ihres Fachgebiets.

Kostenlose Vorlage zum Download
Eine vereinfachte Methode zur Stundensatz-Berechnung bietet unsere Excel-Vorlage. Hier fügen Sie einfach Ihre Werte ein und erhalten eine grobe Einschätzung über Ihren Stundensatz.
Vorlage Stundensatz-Rechner

Aber Achtung: In dieser Berechnung fehlen die Rücklagen und die anfallenden Steuern. Es dient nur zur groben Einschätzung Ihrer Ausgaben, bei der viele wichtige Faktoren ausgelassen werden. Für ein genaueres, detailliertes Ergebnis nutzen Sie unseren Stundensatz-Rechner.
Fazit
Beim Berechnen des Stundensatzes, insbesondere zu Beginn der Karriere, müssen Freelancer und Freiberufler darauf achten, dass sie schlussendlich Gewinne erzielen. Laufende Kosten müssen gedeckt sein, Rücklagen fürs Alter gebildet und Steuern müssen abgeführt werden. Seien Sie mutig und kennen Sie Ihren Wert, lernen Sie zu argumentieren und zu verhandeln.
Und bedenken Sie: Mit steigender Erfahrung können Sie auch Ihren Stundensatz erhöhen. Stellen Sie die Kosten exakt auf und verschaffen Sie sich finanziellen Puffer, um Ausfälle ausgleichen zu können. Ihre Einnahmen müssen höher als Ihre Ausgaben sein!
Service-Hinweis: Die verwendeten Daten dieses Artikels entstammen dem Freelancer-Kompass 2021. Die Befragung lief über einen Zeitraum von etwa 14 Wochen. In über 70 Fragen wurden 1.545 Freelancer, Freiberufler und Selbstständige zu Trends des freien Projektgeschäfts befragt.
Diese Artikel könnten Sie auch interessieren: