Freelance Unlocked: zwei Tage voller Input für Freelancer

Freelance Unlocked – Zwei Tage voller Impulse für Freelancer

16. Mai 2025 / 8 Min /
Zum zweiten Mal fand die Freelance Unlocked in Berlin statt

Zwei Tage Berlin, über 700 Teilnehmende, eine gemeinsame Haltung: Die Freelance Unlocked 2025 war mehr als eine Konferenz. Sie war Treffpunkt, Bewegung, Mutmacher. Was in der Alten Münze entstand, war eine Mischung aus Inspiration, kritischem Realismus und echter Aufbruchstimmung. Für viele, die vor Ort waren, war es nicht weniger als ein kollektives „Wir sind nicht allein“.

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Auf zwei Bühnen und im Workshop Room warteten über 50 Speaker mit Impulsen, Learnings und Insights. Die Themen waren so vielseitig wie die Szene selbst – von Kundengewinnung, KI und Positionierung bis zu Vertragsrecht, Mental Health und politischer Selbstvertretung. Und immer mit klarem Ziel: Freelancer strategisch, fachlich, politisch und gesellschaftlich zu stärken.

Tag 1: Zahlen, Trends und ein starkes Gemeinschaftsgefühl

Bereits der erste Tag setzte ein klares Zeichen: Hier geht es nicht um Buzzwords, sondern um Menschen, die Arbeit neu denken. Dabei machte Thomas Maas, CEO von freelancermap, mit einem datenreichen Überblick über den Zustand des Freelancings in Deutschland den Auftakt.

Thomas Maas, CEO von freelancermap machte den Auftakt
Gestartet wurde die Freelance Unlocked 2025 von Thomas Mass, CEO von freelancermap, mit der großen Frage „The Future is Now – oder doch nicht?“

Deutschland ist nach wie vor ein Land der Angestellten. Er hob hervor, dass nur etwa 10 % der Deutschen selbstständig sind – ein Wert, der deutlich unter dem EU-Durchschnitt liegt. Dabei ist die Haltung vieler Freelancer längst positiv: 81 % sind zufrieden mit ihrer Arbeit, und sogar 86 % würden sich wieder für die Selbstständigkeit entscheiden. Deshalb betonte Maas: „Arbeit muss sich dem Menschen anpassen, nicht andersrum.“ Aktuell verhindern politische Rahmenbedingungen oft genau das. Seine klaren Forderungen: weniger Bürokratie, eine Reform der Scheinselbstständigkeits-Regelung und vor allem die Anerkennung von Freelancern als tragende Säule der Wirtschaft.

Damit war die Richtung für die gesamte Konferenz vorgegeben: Es geht nicht nur um Skills, sondern auch um die Strukturen, die Freelancing ermöglichen und stärken.

Matthew Mottola, CEO von The Human Cloud, sprach in seiner Keynote über die Transformation der Gig Economy hin zu einem flexiblen, KI-gestützten Freelance-Ökosystem. Er betonte, dass Künstliche Intelligenz Freelancern ermöglichen wird, sich als agile Talente der Zukunft zu positionieren.

In einer Paneldiskussion mit Marc Phillipp Clemens (9am), Manuel Meurer (Uplink) und Thomas Maas wurde deutlich, dass Freelancer in Deutschland trotz hoher Effizienz mit einem komplexen Markt, Überregulierung und Rechtsunsicherheit zu kämpfen haben.

Ein weiteres Highlight war der Vortrag von Sonja Heinrich über Resilienz in turbulenten Zeiten. Sie ermutigte dazu, sich auf beeinflussbare Faktoren zu konzentrieren, gegenseitige Unterstützung zu suchen und aus vergangenen Entscheidungen zu lernen.

Zwischen Panels, Workshops und echten Begegnungen

Diese Konferenz lebt von der Energie der Menschen. In Talks, Panels, Workshops – und vor allem in den vielen Gesprächen dazwischen. Wie bei Christine Vallaure de la Paz, Gründerin von moonlearning.io, die sich mit Teilnehmern über Solo Work, Selbstständigkeit und den Aufbau unabhängiger Projekte austauschte. Was blieb, war das Gefühl: Hier entstehen keine leeren Phrasen, sondern reale Impulse. 

Die Atmosphäre? Offen, konzentriert, voller Lust auf Austausch. Ein Ort, an dem sich LinkedIn-Posts in echte Begegnungen verwandeln – und wo niemand erklären muss, warum man lieber selbstständig arbeitet.

Egal ob es um visuelles Storytelling ging, um Barrierefreiheit im Web oder persönliche Transformationsreisen – alle Speaker gaben sich nahbar und offen, teilten ihre Learnings und waren auch nach ihren Talks mittendrin im Geschehen.

Der Tenor vieler Beiträge: Freelancing ist kein Karriere-Plan B. Es ist ein Lebensmodell. Und wer selbstständig arbeitet, bringt nicht weniger Verbindlichkeit mit, sondern andere Werte: Autonomie, Ergebnisorientierung, Perspektivvielfalt.

Politik trifft Realität: Die Forderung nach fairen Rahmenbedingungen

Ein zentrales Thema der Konferenz war die politische Perspektive auf Freelancing. Im letzten Panel an Tag 1, machten Jan Jagemann, Helge Meyer, Jörn Freynick und Cathi Bruns, nochmal deutlich: Es braucht dringend neue gesetzliche Rahmenbedingungen. 

Die zentrale Erkenntnis: Die politische Realität hinkt der Arbeitsrealität meilenweit hinterher.

  • Jan Jagemann stellte klar: Der volkswirtschaftliche Wert von Freelancern wird unterschätzt – ihr Beitrag bleibt weitgehend unsichtbar.
  • Helge Meyer (DBITS) kritisierte, dass frühere Regierungen Selbstständige ignorierten. Die DBITS-Printkampagne gegen Scheinselbstständigkeit (4.000+ versendete Briefe an die Bundesregierung) sorgte für Aufmerksamkeit – auch im Raum, in dem Jubel aufkam.
  • Jörn Freynick (VGSD) sprach vom wachsenden Druck auf die Politik: „Hubertus Heil hat uns geghostet.“ Das Herrenberg-Urteil sei ein Weckruf. Sein Appell: Wir brauchen endlich eine Selbstständigen-Strategie.
  • Cathi Bruns brachte es emotional auf den Punkt: „In Deutschland herrscht ein gestörtes Verhältnis zur Selbstständigkeit – und das nicht nur in der Politik.“ Selbstständige seien kein Sonderfall, sondern Alltag. Dass sie überhaupt um Anerkennung kämpfen müssen, sei ein Missstand.
Default Quote
Ich streite für mehr Freiräume. Wir sind längst unternehmerische Realität – nur unter der Wahrnehmungsschwelle.

Cathi Bruns
Kreative Unternehmerin, Publizistin und Autorin

Die Diskussion zeigte: Scheinselbstständigkeit, Bürokratie und mangelnde Anerkennung bremsen nicht nur individuelles Wachstum, sondern ganze Branchen. Der Konsens: Es ist Zeit für ein Update des Systems. 

Tag 2: Tools, Tech und Transformation

Gleich zu Beginn von Tag 2 eröffnete Sascha Lobo den Konferenztag mit einem eindringlichen Appell. Zwischen Zukunftsszenarien, Realitätsschärfe und digitaler Verantwortung stellte er klar: 

Sascha Lobo auf der Freelance Unlocked 2025
„Die Herausforderung ist nicht KI – es ist unsere Haltung dazu“, stellt Sascha Lobo in seinem Vortrag klar.

Freelancer haben hier einen entscheidenden Vorteil: Sie sind schnell, anpassungsfähig, experimentierfreudig.

KI verändert die Arbeitswelt radikal und Freelancer sind mittendrin. Mehr noch: Sie müssen oft für andere mitdenken. Das ist Segen und Fluch zugleich. 

Lobos Kernaussagen: 

  • KI ist kein Hype, sondern Realität – und wer glaubt, vorbereitet zu sein, kann dennoch kalt erwischt werden.
  • Freelancer brauchen ein feines Gespür für Muster und Transformationsdynamiken – das ist überlebenswichtig.
  • Deutschland darf den KI-Wandel nicht erneut verschlafen. Es braucht eine grundlegende Haltungsänderung – in Politik, Wirtschaft und Bildung.
  • Freelancer sind zentrale Treiber dieser Transformation: adaptiv, vernetzt, eigenverantwortlich.

Was es jetzt braucht, ist:

  • AI-Literacy: die Fähigkeit, die eigene Arbeitssphäre präzise zu verstehen – und mit KI zu verbessern.
  • AI-Leadership: lernen, mit KI-Systemen zu arbeiten und sie sinnvoll zu steuern.
  • Unternehmerische KI-Erzählungen: Jeder muss wissen, wie die eigene Arbeit durch KI ergänzt oder verändert wird.

Ob Künstliche Intelligenz, Automatisierung oder Plattformökonomie: Die Veränderung ist da. Die Frage ist, wie wir sie gestalten. Sein Vortrag war ein Weckruf – nicht nur an Unternehmen, sondern auch an Freelancer selbst.

Politik-Talk: Scheinselbstständigkeit und Rentenversicherungspflicht – Wo hakt es bei der neuen Regierung?

Das Panel bot eine intensive und kontroverse Diskussion zu den aktuellen Plänen der Regierung bezüglich der Rentenversicherungspflicht für Selbstständige. Jan Dieren von der SPD betonte: „Ziel sollte es sein, dass Menschen arbeiten können, wie sie wollen, ohne sich Gedanken über die Absicherung machen zu müssen.“ Er wies darauf hin, dass der Anteil von Freelancern, die im Alter auf Grundsicherung angewiesen sind, doppelt so hoch ist wie bei Angestellten. Deshalb fragte er: „Wäre es nicht einfacher zu sagen: Alle zahlen ein?“ 
Seine Idee: Einheitliche Regeln, damit der Staat nicht zu stark eingreifen muss. Das Publikum empfand seine Sichtweise als zu einfach und wenig realitätsnah.

Dem gegenüber betonten Dr. Markus Reichel (CDU) und Prof. Dr. Rainer Schlegel die Notwendigkeit differenzierter Regelungen, die den vielfältigen Lebensrealitäten von Freelancern gerecht werden. Reichel warnte vor einem Zwang in die gesetzliche Krankenversicherung und Schlegel kritisierte die andauernde Rechtsunsicherheit durch das Thema Scheinselbstständigkeit. „Bei jedem Auftrag hängt das Damoklesschwert der Scheinselbstständigkeit über Freelancer und Auftraggeber.“ 

Moderator Marc Clemens fasste zusammen: „Freelancer haben oft Monate mit viel Geld und andere, in denen es knapp wird. Wir brauchen Simplizität – keine neuen Bürokratiemonster.“  

Politiktalk auf der Unlocked 2025
Fazit der Diskussionsrunde: Es gibt noch viel Klärungsbedarf, aber auch das Bewusstsein, dass es bessere, flexiblere Lösungen braucht.

Tool-Talk & Tech-Praxis: Zukunft zum Anfassen

Julien Look zeigte in seiner Session konkrete KI-Tools für Alltag und Strategie. Und Matteo Cassese brachte es auf den Punkt: 

„The future is already here – it’s just not evenly distributed.“ 

Weitere Sessions zu YouTube als Business-Tool, LinkedIn-Strategien, Accessibility, Webdesign oder Solo Branding gaben praxisnahe Impulse. 

Fazit: Das war nicht nur eine Konferenz. Das war ein Aufbruch. 

Zwei Tage lang war Berlin Treffpunkt für Menschen, die Verantwortung übernehmen – für ihre Arbeit, ihre Kunden, ihre Zukunft. Menschen, die nicht jammern, sondern gestalten, sich vernetzen und Initiative ergreifen. Die offen sind für Wandel und gleichzeitig klare Forderungen an Politik, Plattformen und Wirtschaft haben. 

Was bleibt, ist mehr als Networking oder Input. Es ist das Gefühl, Teil einer Bewegung zu sein. 

5 Erkenntnisse für alle, die nicht dabei waren:

  1. Freelancing ist nicht mehr einsam.
    Netzwerke entstehen. Die Szene wird politisch sichtbarer. Wer sich einbringt, gestaltet mit.
  2. KI ist kein Hype, sondern Einladung.
    Freelancer können die Transformation aktiv mitgestalten, wenn sie neugierig bleiben.
  3. Politik muss liefern.
    Solange Scheinselbstständigkeit ein Damoklesschwert bleibt, fehlt echter Rückhalt.
  4. Kundengewinnung bleibt das Top-Thema.
    Viele suchen Wege raus aus Zufall & Vermittlung, rein in planbare Akquise.
  5. Live-Veranstaltungen sind unschlagbar.
    Die besten Impulse entstehen nicht in Slides, sondern in echten Gesprächen.

Danke, Freelance Unlocked. Und danke an alle, die da waren – in Person oder im Herzen. 

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